Der Spielzeug Designer aus Judenbach
Im sogenannten Designer-Flur des Museums wird der Expressionist Ali Kurt Baumgarten den Besuchern als Spielzeug-Designer präsentiert. In insgesamt 54 Vitrinen sind von ihm entworfene Spielsachen zu sehen. »Es gibt wohl kaum ein Kind in der ehemaligen DDR, das nicht mit Tieren aus Holz oder Plaste meines Großvaters aufgewachsen ist«, sagt Enkel Mike Baumgarten. Er hat den Großteil der Spielsachen der Stiftung Judenbach für das Museum gespendet.
Schon die ersten Entwürfe von Ali Kurt Baumgarten für die einheimische Spielwarenproduktion – es waren Holz-Fahrtiere Ende der 1940er Jahre – hoben sich von den damals gängigen Serienprodukten ab. Frühzeitig erkannte der Maler und Grafiker, der 1952 mit Erfolg auch seine Prüfung als Meister im Spielzeughandwerk ablegte, die gestalterischen Potentiale des Kunststoff-Einsatzes in der Spielwarenfertigung. Mit seinen herausragenden Ideen gab er den Betrieben in der DDR weitreichende neue Perspektiven und ein neues Gesicht.
Das zeigt eine große Schauvitrine im Eingangsbereich des Museums, die vorwiegend mit Serienprodukten der PGH »Koppelhund« Judenbach (später VEB Spielwarenkombinat »Sonni« in Sonneberg) bestückt ist. Formgeber des Spielzeugs ist Ali Kurt Baumgarten.
Das damalige Zentralinstitut für Gestaltung und spätere Amt für industrielle Formgestaltung bestückte auch internationale Ausstellungen mit herausragenden Spielzeugen des Judenbacher Designers, zum Beispiel 1969 in Moskau und 1970 in London. »Mit der Kreation eines Afrikaner-Babys ist Baumgarten sogar ein geniales Meisterstück expressiver Puppengestaltung gelungen«, sagt Bernd Havenstein, Experte für DDR-Spielzeug. »Er reiht sich damit in die seltene Gilde von Männern/Künstlern ein, die wie Max Kruse, Igor von Jakimow oder Arthur Lewin-Funcke zeitlos schöne Puppen geschaffen haben.«
Mitte der 1970er Jahre hat Ali Kurt Baumgarten seine Entwürfe für Spielzeug im Wesentlichen eingestellt. Hervorzuheben sind allerdings von ihm geschaffene Großspielkörper für Kinderspielplätze in Form von halbkugel- und eiförmigen Elementen aus glasverstärkter Plaste. Sie sorgten auf der VII. Kunstausstellung der DDR in Dresden vom 5. Oktober 1972 bis 25. März 1973 für Aufsehen.
Dank einer Spende von Kunstsammler Dr. Philipp Zollmann aus Jena sind zwei der Geräte nunmehr als Exponate im Außenbereich des Museums zu sehen. Mit den präsentierten und formschönen Spielzeugen von Ali Kurt Baumgarten – sie besitzen heute noch eine erstaunliche Modernität – wird eine Lücke in der ostdeutschen Design-Geschichte geschlossen.
Es ist kein Zufall, dass das Museum ausgerechnet auf einer alten Industriebrache an der Alten Handelsstraße 83 in Judenbach entstand: Hier wurde einst von der PGH »Koppelhund« Spielzeug produziert – von Ali Kurt Baumgarten.
Friedhelm Berger