Baumgarten-Gemälde erstrahlen in neuer Pracht
Pressespiegel
Nachfolgender Artikel erschienen im Freien Wort, Lokalteil Sonneberg, 01.10.2021.
Autor: Moritz Bauer
Judenbach – Die überregionale Strahlkraft des Judenbacher Künstlers Ali Kurt Baumgarten ist nicht erst seit der Eröffnung der Stiftung Judenbach unbestritten. Längst ziehen seine Werke, die im Ali Kurt Baumgarten-Museum im Stiftungsgebäude ausgestellt sind, Kunstinteressierte aus allen Teilen Deutschlands an und markieren somit ein künstlerisches Leuchtturmobjekt in der südthüringischen Kulturlandschaft. Doch längst nicht alle Werke Baumgartens sind in der Stiftung Judenbach beheimatet: Der Aufenthaltsort einiger Kunstwerke ist immer noch unbekannt, manche hingegen werden durch Zufall entdeckt und bei einer Auktion ersteigert.
Frühwerke des Expressionisten
Am vergangenen Montagabend lud der Förderverein des Ali Kurt Baumgarten-Museums zu einer Feierstunde anlässlich des Abschlusses der Restaurierung von vier Gemälden aus dem Frühwerk des Künstlers ein. Die Restaurierung der Gemälde mit den Titeln „Junges Künstlerpaar – Selbstbildnis mit Dora“, „Tanz zur Sonnenwende“, „Im Ausstellungspark“ und „Bild mit blauem Tisch“ wurden mithilfe der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der Sparkasse Sonneberg mit Finanzmitteln in Höhe von 4.000 € gefördert. Bezuschusst wurden die Restaurierungsmaßnahmen darüber hinaus durch den Förderverein selbst und durch private Zuwendungen. Die vier in zuvor nicht gekannter Farbpracht erstrahlenden Gemälde stammen allesamt aus der frühen Schaffensperiode des Expressionisten zwischen 1933 und 1936. Der Vorsitzende des Fördervereins, Gerhard Bauriedel, tauchte mit den zwölf anwesenden Gästen am Montag tief in die Welt der expressiv-realistischen Malerei und somit in die damalige Welt Baumgartens ein. „Die Restaurierung der Frühwerke gestaltete sich äußerst aufwendig, Farbschorlen waren abgeplatzt und von der ursprünglichen Strahlkraft der von Baumgarten verwendeten Farben war mit den Jahren nicht mehr viel übriggeblieben. Er malte auf Zuckersäcken, diese waren in der damaligen Zeit verfügbar und vergleichsweise billig zu erwerben. Der trockene und unebene Maluntergrund sowie der Zahn der Zeit von neun Jahrzehnten bewirkten allerdings, dass die Farbe immer stärker abbröselte“, erklärte Bauriedel den Anwesenden.
Neue Motive, neue Perspektiven
Um die Ausstellbarkeit der Werke langfristig gewährleisten zu können, war eine umfassende Restaurierung also unumgänglich. Den Betrachtern der vier restaurierten Gemälde offenbaren sich interessante, vielfach unbekannte Facetten Baumgartens – die dicken, auf Rupfen aufgetragenen Ölfarben erzeugen bei genauerer Betrachtung teilweise sogar einen plastischen Effekt. Baumgartens ausdrucksstarke Werke ragen in den sich ihnen umgebenden Freiraum hinein, schreien mit ihren lebendigen Farben gerade so aus ihrem Rahmen heraus. Das Bild „Junges Künstlerpaar – Selbstbildnis mit Dora“ überrascht da fast schon mit von Baumgarten bisher gänzlich unbekanntem Sujet: Es ist eines der wenigen Bilder überhaupt, das den Künstler selbst mit seiner Frau Dora zeigt. Die vier in der Gemälde- und Graphiksammlung neu hinzugekommenen Werke veranlassten die Verantwortlichen um Mike Baumgarten, den Enkel des Künstlers und Stellvertretenden Vorsitzenden des Fördervereins dazu, das Ausstellungskonzept zu überarbeiten und die Komposition der bisherigen Hängungen neu zu gestalten. Die Flanke der Ausstellung, auf der die vier Gemälde nun zu finden sind, bildet den Werdegang des expressiven Realisten nun noch besser ab. Kunstkenner mögen vor allem hier bei Baumgartens Frühwerke Parallelen zu den Stilen seiner Vorbilder und Mentoren, Karl Schmitt-Rottluff und Emil Nolde erkennen.
Ein konstruktiver Rebell
Eines jedoch fällt jedem Betrachter ins Auge: Die Gemälde sind von ihrer Gesamtkomposition her mit einer unglaublichen Spannung aufgeladen. Hierin spiegelt sich Baumgartens innere Auseinandersetzung mit dem Regime der Nationalsozialisten Mitte der 1930er-Jahre wider. Viele Künstler zogen sich zu dieser Zeit stark in ihre eigenen vier Wände, sogar ins Verborgene zurück – Der Prozess der sogenannten inneren Emigration setzte auch beim Judenbacher Künstler ein. Er blieb seinerzeit ein konstruktiver Rebell, welcher mit einer enormen Reinheit und Klarheit mit den Farben spielte.
Von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen war am Montag Michael Grisko anwesend, welcher sich ebenso wie Föritztals Bürgermeister Andreas Meusel sehr angetan von den farbprächtigen, restaurierten Gemälden zeigte. „Wir als Sparkassen-Kulturstiftung unterstützen und fördern sehr gerne den Erhalt und Ausbau solch toller kultureller Perlen. Das kleine Dorf Judenbach mit ihrem Stiftungsgebäude besitzt mit den Werken des Spätexpressionisten Baumgarten einen ungeheuren wertvollen Kunstschatz, um den man sicherlich nicht nur in Südthüringen beneidet wird. Heimat und Historie spielen hier eine bedeutende Rolle“, so der zertifizierte Stiftungsmanager der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen.